Überlingen Die Überlinger Kulturkiste feiert die 50. Veranstaltung. Und das will schon was heißen

So ungewöhnlich ist das nicht. Auch Eric Clapton hat als Straßenmusiker angefangen. Wenn Sébastien Pastaga auf der Überlinger Seepromenade und dem Wochenmarkt mit Gitarre, Akkordeon und seiner gefühlvollen Stimme französische Chansons anstimmt, bleiben die Menschen stehen und genießen ein wenig Côte d'Azur, Montmartre, Charles Aznavour oder Édith Piaf. Nun vertauschte Sébastien die Straße mit der kleinen Bühne im Kulturbahnhof „Rampe“ in Nussdorf. Für den Verein Kulturkiste Überlingen war es die 50. Veranstaltung seit der Gründung 2011. Der Vorsitzende, Marco Knüppel, hatte alle Veranstaltungsplakate aufgereiht, eine beachtliche Bilanz für diesen kleinen Verein.

Dem kulturellen Mainstream in Überlingen ein alternatives, junges und mutiges Programm entgegenzusetzen, das war von Anfang an sein Ziel und Marco Knüppel sieht den Verein auf einem guten Weg, wünscht sich aber endlich eine auch finanziell spürbare Würdigung durch die Stadt. Der ursprüngliche Veranstaltungsort, das Foyer des Kurhauses, musste aufgegeben werden, da nicht mehr finanzierbar. Die Räume der „Rampe“ in Nußdorf, eigentlich ein Jugendtreff, boten sich zwar an, die Rampe ist aber wenig bekannt, liegt abseits und ist für Konzerte nicht wirklich gut ausgerüstet.

Sébastien Pastaga mit lässigem Outfit, einer Zigarette im Mundwinkel und seinem unkomplizierten Auftreten ist ganz und gar der Prototyp des alternativen Künstlers, der sich durch nichts und niemanden einschränken lässt. Geboren ist der 32-Jährige in der Nähe der französischen Stadt Tours, wo er inzwischen auch wieder seine Zelte auf einem kleinen Bauernhof zusammen mit Freunden, einigen Tieren, viel Gemüse und ein paar Weinstöcken aufgeschlagen hat. Und hin und wieder zieht es ihn nach Überlingen, wo er längere Zeit gewohnt hat, um seine Lieder zum Besten zu geben und so seinen bescheidenen Lebensunterhalt zu verdienen. Dass es nicht damit getan ist, eine Gitarre auszupacken und einen Hut aufzustellen, das wird klar, wenn man die Bedingungen kennt, welche das hiesige Ordnungsamt an Straßenmusiker stellt. Maximal 20 Tage pro Jahr darf gespielt werden und das auch nur für eine Gebühr, die erst einmal hereingespielt werden will. Immerhin ist damit in Deutschland mehr verdient, als in Frankreich, sagt Sébastien, doch ohne seine mobile Unterkunft, einen älteren, ausgebauten Kombi, würde es nicht gehen.

Auch der Erlös seines Konzertes in der Rampe ist bescheiden. Feste Eintrittsgelder werden grundsätzlich keine verlangt, so dass letztlich doch wieder ein Hut die Runde macht. Und viel hat die Lokalität am Nußdorfer Bahnhof auch nicht gerade zu bieten: ein kleines Podest, ein paar Scheinwerfer, originelle Scheunenatmosphäre, Bierbänke und ein ausrangiertes Sofa. 50 bequeme Stapelstühle, das wäre noch ein Herzenswunsch des Vereinsvorsitzenden. Aber es passt, vor allem zu Sébastien. Das bunt gemischte, zahlreich erschienene Publikum war begeistert und forderte mehrere Zugaben.

Verein Kulturkiste

Der Verein Kulturkiste Überlingen ging aus dem Kulturverein Drehscheibe hervor und wurde 2011 von Marco Knüppel (Vorsitzender) gegründet. Das Programm ist breit gefächert und als Ergänzung zum dominanten kulturellen Mainstream der Region durch alternative und ausgefallene Angebote gedacht. Der Verein organisiert Autorenlesungen, Konzerte, Kleinkunst aller Art, Filmvorführungen und mehr. Einen Schwerpunkt bilden Veranstaltungen für Kinder und Familien. Der Verein finanziert sich ausschließlich über Spenden. Hauptveranstaltungsort ist derzeit das Jugendzentrum „Rampe“ Kulturbahnhof in Nußdorf. Mit dem Konzert von Sébastien Pastaga feiert der Verein die 50. Veranstaltung seit der Gründung. (eni)

Informationen im Internet:

www.kulturkiste-ueberlingen.eu